Blaubeerjahre (Manuela Inusa)

Bildquelle: Blanvalet
Blaubeerjahre
(Kalifornische Träume 6)
von Manuela Inusa
416 Seiten
1. Aufl. 14. Februar 2022
Blanvalet
10,00€

Blaubeerjahre
der 6. Teil der Kalifornischen Träume 
führt in den kleinen kalifornischen Ort Lodi
4 Frauen und ein Kind, 4 Lebenswege, eine Blaubeerfarm, viele Erinnerungen und erstaunliche Wendungen

Mit diesem 6. Band der  "Kalifornische Träume" von Manuela Inusas endet diese Reihe , die so voller fantastischer Begegnungen war, das beim Lesen des 6. Bandes schon auch ein wenig Wehmut bei mir aufgekommen ist. Das es keinen weiteren Farmer-Roman mehr geben wird ist schade, doch bin ich mir sicher, dass die Autorin ihre Leser schon bald mit einer neuen Reihe überraschen wird.

Ich habe sie alle gelesen und bis auf "Erdbeerversprechen" haben mich alle restlos begeistert. Manuela Inusas Erzählstil ist einfach umwerfend. Sie erzählt mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit das man vom ersten Moment an in den Bann gezogen wird.

Dieses Mal nun entführt uns die Autorin auf eine Blaubeerfarm, in dem kleinen kalifornischen Ort Lodi.

Die Blaubeerfarm wird von dem über 80 Jahre alten Ehepaar Fran und Cliff Reavers betrieben, besser gesagt nur noch von Fran, denn ihr Mann wohnte schon seit einiger Zeit nicht mehr auf der Farm. Er hat Alzheimer und so musste Fran ihn irgendwann in die Obhut einer Seniorenanlage geben, wo er gut versorgt wird, während Fran die Farm leitete. Sie besucht ihn täglich und auch wenn Cliff fiel vergisst, die Liebe zu seiner Fran, die tiefe Verbundenheit, die ist so tief in ihm drin, dass er sie nicht vergisst. Fran vermisst ihren Mann, und die Arbeit auf der Farm fällt ihr auch immer schwerer und so kommt sie eines Tages an den Punkt, das sie eine Entscheidung treffen muss. Sie möchte zu ihrem Mann in die Seniorenresidenz ziehen, gleichzeitig möchte sie die Farm weder verkaufen noch ihren Mitarbeitern und dem Verwalter völlig allein überlassen. So bleibt ihr nur eine Option, sie muss ihre drei Enkeltöchter fragen ob eine von ihnen bereit wäre zurück auf die Farm zu kommen. Für Fran ist dies eine schwere Entscheidung, denn sie respektierte, das ihre Enkelinnen eigene Wege gegangen sind. Sie möchte keine von ihnen aus ihrem Leben heraus holen und dennoch hatte sie insgeheim die Hoffnung alle drei würden gemeinsam zurückkehren.

Bevor Fran sich dazu durchringt ihre Enkelinnen zu fragen lernen wir Alison, Jillian und Delilah und ihre Leben erst einmal etwas genauer kennen.

Alison ist geschieden und lebt mit ihrer Tochter Misha in bescheiden Verhältnissen. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Kassiererin in einem Supermarkt obwohl sie eigentlich Musik studiert hatte. Den Kontakt zu ihrem Ex-Mann hält wegen der gemeinsamen Tochter aufrecht.

Jillian lebte ein Luxusleben im warmen Bundessaat Arizona. Zuletzt hatte sie als Immobilienmaklerin gearbeitet, doch dann hat sie ihren Lebensgefährten kennengelernt, der mit riskanten Anlagespekulationen viel Geld verdiente. Er wollte nicht das seine Freundin arbeitete und so gab Jill ihren Job auf, zog mit in eine Luxusvilla und frönte dem Luxus, was sie viel zu spät bemerkt, sie lässt sich von Preston beherrschen. Er sagt ihr was sie essen darf und wie viel, er sagt ihr was sie anziehen soll, ganz unbemerkt manipulierte er sie, doch es stört sie nicht. Was jetzt sehr oberflächlich klingt ist es nicht, denn Jill ist ganz anders als es zunächst scheint.

Delilah, die dritte der Schwestern lebte ein recht unkonventionelles, ehr flippiges Leben in Los Angeles. Sie wohnte in einer WG mit ihrer Freundin Rachel, hatte immer mal wieder wechselnde Beziehungen obwohl sie gerade in einer Beziehung steckte, die Potential hatte länger zu dauern als üblich. Delilah, die alle nur DeeDee nennen hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, die einzige Konstante war ihr Job als Hundesitterin.

Auch Granny Fran hat ihr Leben. Ein Leben, dass sich seit so vielen Jahrzehnten auf der Blaubeerfarm abspielte. Doch Fran hatte auch ein Leben vor der Blaubeerfarm, vor der ersten Begegnung mit ihrem späteren Mann Cliff. Ein Leben, von dem die drei Enkelinnen und die meisten anderen Menschen nichts wussten. Es war ein Geheimnis, obwohl es nichts Schlimmes war, sondern aufregend und spannend. Auch hiervon erfahren wir und das sogar viel früher als Alison, Dee und Jill.

Was alle eint ist die Vergangenheit, die geprägt war von einem schlimmen Unglück, bei dem die Eltern der Drei tödlich verunglückten. Die Kinder waren noch klein und so zogen sie von LA, wo sie mit den Eltern gewohnt hatten nach Lodi zu den Großeltern auf die Blaubeerfarm. Auch wenn alle eine sehr, sehr tiefe Verbundenheit einte, gingen die Mädchen irgendwann ihre eigenen Wege, teilweise sehr weit weg von der Farm.

Wir lernen drei ganz verschiedene Charaktere mit ihren doch so unterschiedlichen Leben kennen. Keine von ihnen kann sich so richtig vorstellen zurück nach Lodi zu ziehen und dennoch ist da etwas, das stärker ist als alles andere. Die Liebe zu den Großeltern.

Und dann kommt der Tag, an dem Granny Fran ihren drei Enkelinnen in einem offenen Gespräch via Zoom mitteilt, das sie Hilfe braucht. Das sie zu ihrem Mann  ziehen möchte, das sie zu alt ist um die Farm weiter zu betreiben. Und auch wenn sich keine der Frauen sich noch kurz vorher nicht vorstellen konnte ihr Leben zu verändern setzt bei jedem ein Gedankenprozess ein, der sie selbst überraschte. Hinzu kommen plötzliche unvorhersehbare, individuelle Ereignisse, die dazu führen, das jede von ihnen sich ganz unabhängig voneinander entscheidet zurück auf die Blaubeerfarm zu ziehen.

Damit beginnt für alle ein neues Leben, das viele schöne Überraschungen bereit hält. 

Oma Fran bereitet ihre Enkelinnen auf das Farmleben und ihre Aufgaben vor und zieht dann mit dem guten Gefühl, dass alles läuft, zu ihrem Mann. Natürlich kommt sie immer noch auf die Farm und hilft hier und da aber ihr Platz ist wie fast ihr ganzes Leben bei dem Mann, den sie überalles liebte. Alison, DeDee und Jill, finden ihre Aufgaben innerhalb des Betriebes und stellen fest, dass sie sogar noch Zeit haben etwas zu machen, was ihnen zusätzlich richtig Freude bereitet und von dem sie teilweise gar nicht wussten, das sie eine Begabung dafür hatten. Alle lernen neue Menschen kennen, oder es treten Menschen in ihr Leben, die sie längst vergessen hatten. Es kommt aber auch immer mal wieder, mehr oder weniger viel, das alte Leben zurück, das verarbeitet werden muss und beschäftigt.

Auch Alisons Tochter Masha hat ihr Leben und ist für ihr Alter ziemlich klug. Sie scheint in vielen Bereichen über den Dingen zu stehen. Mit ihrer offenen Art, die vielfach von einer Leichtigkeit des Lebens geprägt ist verblüfft sie die Erwachsenen immer wieder. In vielen Bereichen ist sie die treibende oder auch fordernde Kraft, die die Großen manchmal anstubst.

Und so erleben wir 4 (Granny Fran, Alison, DeeDee unf Jill)+1 (Masha)+1(Cliff) Menschen die zusammenleben und trotzdem ihr eigenes Leben leben und so viel Neues erleben.

Viele Dinge, die Manuela Inusa ihre Protagonistinnen erleben lässt, sind Dinge, die einen selbst vielleicht widerfahren sind oder beschäftigen. Wie das Leben so spielt, aus dem Leben gegriffen könnte man auch sagen. Es sind keine Luftschlösser die gebaut werden, keine Situationen fernab der Realität und genau das macht den Roman so spannend. Viele Leser*innen werden etwas finden mit dem sie sich identifizieren können, oder das sie auch schon mal beschäftigte. Sicherlich sind es auch Momente, die einen veranlassen über sein Leben nachzudenken. Alle Frauen erleben eine Lebenswende, die so nie geplant war und viel bereit hält. 

Wer jetzt aber meint, die Männer spielen hier nur Randrollen, der irrt. Wir lernen auch spannende männliche Charaktere kennen, die ihre eigenen Vorgeschichten haben.

Wir dürfen miterleben wie die unruhige quirlige DeDee mit ihren vielen Männerbekanntschaften eine besondere Begegnung mit einer Frau hat, die sie ankommen lässt, wir erleben wie Jillian aus der nicht bemerkten Abhängigkeit zu ihrem Freund heraus findet und eine völlig neue Seite an sich kennenlernen lässt, die unglaublich viel Kreativität freisetzt, wir erleben wie Alison wieder zur Musik findet und wir erleben ganz viel vom Leben auf der Blaubeerfarm. Wir erfahren ganz viel über Blaubeeren, lernen jede Menge köstliche Rezepte kennen, die nicht nur im Roman eine Rolle spielen sondern auch noch mit Rezept zum nachmachen festgehalten wurden und natürlich spielt auch die Liebe eine Rolle. Die tiefe Liebe der Großeltern zueinander, die wirklich zu Herzen geht ist für die Enkelinnen ein großes Vorbild. Das sie einmal das Glück haben könnten auch so einen vertrauten Menschen zu finden, daran glaubte zu Beginn der Geschichte keine und dennoch erleben wir das alle drei ihr Glück gefunden zu haben scheinen. 

Ja, und dann ist da noch Granny Frans großes Geheimnis, das Marsha als erste entdeckt und alle fasziniert und begeistert. Frans Leben vor der Blaubeerfarm ist wirklich etwas besonderes und nicht nur weil sie etwas besonderes war sondern, weil es uns Leser in die 60er Jahre zurückführt. Die 60er Jahre in Amerika, um genauer zu sein in Hollywood. 

So viele Geschichten, die jede für sich stehen und sich doch immer wieder verbinden. Manuela Inusa schafft es Spannung aufzubauen und bis zum Ende zu halten, was vor allem an der Art liegt, wie sie erzählt. Ich habe lange Zeit sehr weniger Romane gelesen. Meine Arbeit mit den Kinderbüchern nahm so viel Raum ein, das ich kaum noch dazu kam etwas für mich zu lesen. Deshalb habe ich mir für dieses Frühjahr / Sommer vorgenommen wieder mehr Romane und Biografien zu lesen und nun schon so einige Romane gelesen bevor ich Blaubeerjahre in die Hände bekam. Ich kann nicht sagen, das die anderen Romane, anderer Autor*innen nicht schön waren, doch keiner kommt (für mich) an den Erzählstil von Manuela Inusa ran. In ihren Geschichten kann ich mich völlig verlieren. Ich habe in jeder Sekunde des Lesens das Gefühl ich schaue einen Film, bin unmittelbarer Beobachter, mittendrin im Geschehen. Sie schafft es Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen, die so intensiv sind, das Fiktion zu Realität wird. Für die Zeit des Lesens ist es meine Welt aus der ich nur ungern wieder raus gehe. Die Figuren werden zu Freunden und vieles von dem was sie erleben lässt mich später über mein Leben nachdenken. So sind ihre Romane, egal welcher, immer auch eine unglaubliche Inspiration, was daran liegt, das das was sie erleben lässt so aus dem Leben gegriffen ist und an Schauplätze führt, die es auch wirklich in ähnlicher Form gibt. Manuela Inusas Romane sind gut recherchiert. Sie verarbeitet viele ihrer vor Ort Eindrücke , was alles so nahbar macht.

Und so bin ich auch aus diesem Buch mit einigen Tränen und dem Gedanken "Schade, schon wieder zu Ende"  heraus gegangen.

Wie gut, dass man noch die tollen Rezepte hat, die man wunderbar nachmachen kann und sich beim Genuss an jeden einzelnen in den Geschichten erinnern kann.

Ich bin gespannt was sie sich als Nächstes für ihre Leser*innen einfallen lässt. 








Und hier habt ihr noch einmal alle 6 Romane der Reihe "Kalifornische Träume" von Manuela Inusa im Überblick
Unter diesem Link findet ihr mehr Infos
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