Mamas Zaubertuch

 

Bildquelle: Fischer Sauerländer Verlag
Mamas Zaubertuch
von Chimamanda Ngozi Adichie
(Nwa Grace-James)
illustriert von Joelle Avelino
Übersetzt von: 
Olaolu Fajembola und Tebogo Nimindè Dundadengar
32 Seiten
1. Aufl. 27. September 2023
ISBN: 978-3-7373-7232-9
Fischer Sauerländer Verlag
16,00€

Auf euch wartet eine liebevolle, emotionale, fantasievolle Familien-Geschichte
 über das Vermissen, kindliche Fantasie und ganz viel Geborgenheit
Vom Aufstehen bis zu Bett gehen
- für Vielfalt im Bücherregal-
für Kinder ab 2 Jahren


Immer noch haben wir auf dem deutschen Buchmarkt viel zu wenig Bilder- und Kinderbücher, in denen wir ganz selbstverständlich People of Color erleben, weshalb ich persönlich oft auf englischsprachige Titel zurückgreife.
Umso schöner, dass einige Verlage wie der Fischer Sauerländer Verlag genau solche wundervollen Bücher übersetzten und veröffentlichen.
Wir haben ein paar englischsprachige Kinderbücher, die Joellè Avelino illustriert hat und ich habe auch schon einige Bücher von Chimamanda Ngozi Adichie gelesen.
Für die weltbekannte Autorin Chimamanda Ngozi Adichie ist dies (soweit ich weiß) das erste Bilderbuch und schon jetzt kann ich sagen, ich würde mich freuen mehr Bilder- und Kinderbuchgeschichten aus ihrer Feder erleben zu können. Sie erzählt mit wenigen Worten und kurzen Sätzen so bildhaft und kindgerecht, dass selbst recht junge Kinder ab 2,5-3 Jahren genau verstehen und mitempfinden können. Die Klarheit liegt in der Fokussierung und auch Einfachheit. Wobei man in diesem Fall dazusagen muss, dass es letztendlich auch der fantastischen Übersetzung und dem Zusammenspiel von Bild und Text zu verdanken ist, dass die Handlung so wundervoll miterlebbar ist.
Einfühlsam erzählen Chimamanda Ngozi Adichie und Joellè Avelino die fantasievoll und ein wenig magische Geschichte der kleinen Chino. 
Schon das Cover  versetzt Kinder wie Erwachsene in eine ganz besondere Stimmung. Liebevoll, warmherzig, innig, und magisch zu gleich. Es hat eine wahrlich magische Wirkung auf uns, die Kinder oft so beschreiben:
"Es ist als wird man selbst in den Arm genommen! Das ist ein schönes Gefühl!"
Chino ist ein ganz normales kleines Mädchen mit einem ganz normalem Kinderalltag, so dass die Kinder wunderbar mit ihren eigenen Erfahrungen an das Geschehen andocken und sich wiederfinden können.
Und auch wenn so vieles typische Kinderalltags-Dinge sind, ist Chinos Geschichte natürlich auch etwas Besonders.
Chinos Mama hat ein wunderschönes samtweiches Tuch mit großen roten und blauen Kreisen die Chino an Omas Brille erinnern und, dass sie in der Nacht um die Haare bindet, damit die Haare schön weich bleiben. Chino liebt es, gerade weil es so schön weich ist, und sie liebt es mit ihren Fingern die Kreise nachzufahren.
Dass ist Mamas Schlaftuch sagt sie zu ihrem Kuschelhasen Bonnie, den sie überall mit hinnimmt.
Eines Morgens beobachtet Chino ihre Mutter beim Zähneputzen.
Wir wissen nicht, wieso Chino ausgerechnet an diesem Morgen diese Situation Sorge bereitet. Wir wissen nicht, ob es eine durchaus typische Situation ist und wir wissen auch nicht, ob es neu für Chino ist, dass sich die Mutter fertig macht, um zur Arbeit zu gehen. Was wir aber erfahren ist, dass Chino sich ängstigt.
"Kommst du wieder?" fragt sie.
In Verbindung mit dem Bild, auf dem wir Chinos sorgenvolles, trauriges Gesicht sehen, spüren wir geradezu die Angst der Kleinen. Mit Sicherheit kennen viele Kinder genau dieses Gefühl auch.
Als Eltern kennen wir solche Situationen und reagieren vermutlich genauso wie Chinos Mama.

"Ja, ich komme wieder. Ich werde immer wieder nach Hause kommen", sagt sie.
Worauf Chino sich noch einmal nachhakt. Auch das ist typisch für Kinder.
Oft reicht es nicht Kinder nur mit Worten zu besänftigen, oft müssen wir uns die Zeit nehmen mit ihnen darüber zu sprechen oder uns irgendetwas einfallen lassen, um dem Kind die Sicherheit zurückzugeben, die so wichtig ist.
Verlustängste, auch wenn sie absolut unbegründet sind, sind extreme Ängste. Wir Erwachsenen nehmen es in der Hektik des Alltags vielleicht nicht so wahr, aber es ist wichtig darauf zu reagieren.
Chinos Mama hat eine tolle Idee. Sie bietet der Kleinen ihr Schlaftuch  an, mit dem sie spielen kann, solange die Mutter weg ist, und das ist genau die richtige Idee.
So hat Chino etwa, was sie mit ihrer Mama verbindet, das nach ihr riecht, dass sie mag, weil es so schön weich und bunt ist. Mit einem Schwuuuuusch zieht Chino an einem Zipfel des Tuchs, was Joellè Avelino visuell mit einem richtigen Schwung, ähnlich einer Welle einfängt. "Das sieht aber lustig aus!" sagt eines meiner Kinder.
Es sieht aber nicht nur lustig aus, wie das Tuch von Mamas Kopf gleitet und zu Chino kommt und sie fast einhüllt. Es ist ein richtig magischer Moment und diese Magie umhüllt und begleitet sie. Das Schlaftuch wird zum Zaubertuch.

Chino nimmt das Tuch an diesem Tag überall mit hin und bindet es in ihr Spiel mit Hase Bonnie ein. Was Chino so alles erlebt, wie ihr Tag mit dem Tuch verläuft, und wie zufrieden, glücklich und unbeschwert sie ist, dass erleben wir in vielen zauberhaften Bildern, die durch die wunderbaren Farben beim Leser auch ein warmes, schönes Gefühl aufkommen lassen.
Chino bekommt das Tuch sogar von ihrer Oma um den Kopf gebunden und darf es auch nach der Rückkehr der Mutter noch bis zum Abend tragen. Dann zieht dieses Mal die Mutter an dem Tuch und mit dem gleichen Schwuuusch! wie am Morgen löst sich das Tuch, dieses Mal jedoch von Chinos Kopf.
Neben dem Handlungsstrang, in dem wir Chino mit dem Tuch erleben gibt es parallel dazu aber auch den ganz normalen Kinderalltag mit Mahlzeiten, Interaktionen und Begegnungen. Da wird über das Essen, insbesondere das grüne Essen philosophiert und darauf eingegangen, was Chino gerne und nicht so gerne mag und wie sollte es anders sein bei einer Geschichte, die von morgens bis abends geht, geht es irgendwann auch darum, dass alle müde sind, nur Chino überhaupt noch nicht, auch wenn sie furchtbar gähnen muss und ihre Augen gar nicht mehr aufhalten kann.

Ihr seht, es ist eine Geschichte, die jedes Kind in ähnlicher Form erleben könnte und bestimmt schon einmal erlebt hat. Kinderalltag, Kindersorgen. Auch die gehören zum Leben dazu. Kinder fühlen mit. Verstehen Chinos Sorgen und erleben, dass sie mit der Sorge, dass ein Elternteil oder eine Bezugsperson nicht wieder kommen könnte, nicht alleine sind. Gleichzeitig erleben sie unbeschwerte, fröhliche Kinderzeit, die so normal und doch so spannend ist. Ja, und so ganz nebenbei gibt es auch noch kulinarische Impressionen.

Und gerade, weil Kinder sich darin wiederfinden können, sind sie so begeistert von dem Bilderbuch.
In dem Buch erleben Kinder Familienalltag, Familienleben, Kinderalltag, typische Spiele, typische Gefühle, typische Tagesabläufe. Und auch wenn alles so typisch ist, ist es doch sehr individuell ausgestaltet. Jeder Kinderalltag, jedes Familienleben ist etwas anders. Hier waren wir bei Chino zu Gast, die fantasievoll und lustig ihren Tag gestaltet und erlebt. Einem Tag, an dem sie Angst hatte, dass ihre Mama nicht mehr von der Arbeit kommt, einem Tag, am dem ihre Mama doch irgendwie bei ihr ist, da sie ihr Zaubertuch hat, ein Tag an dem sie mit Oma und Opa zusammen war und ihr Papa mit viel Liebe das Abendessen bereitet hat, während die Mutter noch arbeiten ist.
Das alles kann Kinderalltag sein.
Eingefangen in einer liebevollen Geschichte mit genauso liebevollen wie warmherzigen ausdrucksvollen Bilderwelten.
Es ist ein Buch, dass nicht nur Kinder begeistert.
Es ist ein wunderschönes Bilderbuch auch um es zum Abschluss des Tages vorzulesen, denn es endet mit "Gute Nacht!" für alle.
"Gute Nacht, Bonnie! Gute Nacht, Mama! Gute Nacht, Papa!, Gute Nacht Zaubertuch!"
Vielleicht macht ihr es beim Vorlesen ja auch so wie unsere Kinder, die haben sich alle vorher ein Zaubertuch geholt.
Habt ihr auch ein großes Zaubertuch, hinter oder unter dem man sich so herrlich verstecken kann? Dass weich und kuschelig ist. Mit dem man sich einkuscheln und zudecken kann?
Bestimmt!
Und wenn nicht, dann wird es höchste Zeit, denn so ein Kuschel-Zaubertuch ist einfach wunderbar.

p.s. Ich bin hier ganz bewusst nicht auf die Aspekte von People of Colour etc. eingegangen, da es normal sein sollte Bücher zu haben, in denen die Protagonisten eine andere Hautfarbe haben, als viele andere hier.
Ich bin auch nicht detailliert darauf eingegangen, dass hier wohl der Vater den Haushalt macht und die Mutter arbeiten geht.
Ich bin auch nicht darauf eingegangen, dass wir hier so ganz nebenbei über das Schlaftuch der Mutter etwas über Afro-Haare und Kultur erfahren. 
Das alles erleben wir selbstverständlich im Handlungsverlauf und genauso selbstverständlich sollte es einfach sein. Man muss nicht alles hervorheben, kann es aber natürlich zu einem bestimmten Anlass als Grundlage für Gespräche nutzen.
Bild: Harper Collins Children Books
Mama's sleeping Scarf
von Chimamanda Ngozi Adichie
illustriert von Joelle Avelino
32 Seiten
1. Aufl. 05. September 2023
ISBN: 978-0-00-855007-3
Harper Collins Children Books
12,99€
Informations from the Publisher
"A joyful exploration of family life, written by one of the most outstanding contemporary authors of our generation.
This beautiful family story follows a young girl called Chino as she plays with her mama’s sleeping scarf through the day. Running with the scarf, Chino weaves together little incidentals of home life into a glorious celebration of the power of a mother-daughter relationship, and the gentle joys that build a perfect day. Exquisitely written with compelling simplicity, this is a heartfelt homage to family love.
A compelling debut picture book from one of the most important voices in literature today, brought into glorious technicolour through the vibrant and contemporary illustrations of Joelle Avelino."