Das Geheimnis der Blumeninsel

 


Bildquelle: Blanvalet
Das Geheimnis
 der Blumeninsel
Ein Schweden-Roman
von Caroline Säfstrand
464 Seiten
1. Aufl. 20. März 2024
ISBN: 978-3734113239
Blanvalet
13,00€
Was macht für euch einen guten Roman aus?
Wie muss euch ein Roman empfangen, damit ihr erkennt, diese Geschichte will, nein muss ich kennenlernen?
Lasst ihr euch von der kurzen Inhaltsangabe leiten, oder lest ich hinein?
Und wenn ihr hineinlest, beginnt ihr am Anfang, oder mehr zu Ende hin?
Oft lasse ich mich von einer Inhaltsangabe inspirieren, zuweilen auch vom Titelbild, manchmal ist es die Gegend, in der der Roman spielt, der mich zum Lesen verführt.
Lest endlich sind es bei mir aber die ersten Worte, die ersten Sätze, die ersten Seiten, die entscheiden, ob ich die Geschichte entdecken möchte, oder das Buch doch lieber zur Seite lege.
Ihr fragt euch sicherlich, wieso ich so meine Buchvorstellung einleite. Die Antwort ist einfach. Hätte ich mich von den paar Zeilen Inhaltsangabe oder dem Cover leiten lassen, hätte ich das Buch vermutlich nicht ausgewählt.
Das es ein schwedischer Bestseller ist, hätte mich nicht beeindruckt.
Aber irgendetwas sagte mir, ich muss das Buch unbedingt aufschlagen und anfangen zu lesen.
Lucy, in dieser Geschichte würde sagen, es war Schicksal. Vermutlich würde sie sagen, das Buch hat dich gefunden, und genauso ist es, das Buch hat mich gefunden. Gefunden und vom ersten Moment an gefesselt.
Ich liebe es Zeit zu haben und mich voll und ganz auf eine Geschichte einlassen zu können.
Ich nehme mir diese Auszeiten ganz bewusst.
Und so habe ich das Buch aufgeschlagen und konnte es einfach nicht mehr zuschlagen.
Alles beginnt mit einem Brief. „Mut beruht vor allem auf dem Willen, ihn zu haben.“(Zitat)
Was für ein Statement. Es ist die Erkenntnis einer achtzigjährigen Frau. Einer achtzigjährigen Frau, die kein leichtes Leben hatte. Einer Frau, die eine Tochter zur Welt gebracht hat, sie aber nicht großgezogen hat. Das sie ihr trotz allem nahe war ahnte niemand.
In 9+1 Briefen blickt die alte Dame auf ihr Leben zurück und erklärt ihrer Tochter, wieso alles so gekommen ist, wies es gekommen ist. Es sind Briefe, von denen sie nicht weiß, ob sie ihre Tochter je lesen wird. Uns Lesern führen sie von Zeit zu Zeit zurück in die Vergangenheit, die die Gegenwart und viele Menschen sehr geprägt hat, ohne zu wissen wieso.
Dieser erste Brief hat mich nicht nur unglaublich berührt, er hat mich persönlich so unglaublich gefesselt, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu lesen.
Und so entdeckte ich eine unglaubliche Familiengeschichte. Eine Geschichte mit wundervollen, sehr individuellen Menschen. Charakteren, die man alle ins Herz schließt und einer Insellandschaft, die man am liebsten sofort selbst entdecken möchte.
Ich möchte hier gar nicht zu viel verraten, doch eines kann ich euch sagen, die Inhaltsangabe lässt nicht ansatzweise erahnen, wie faszinierend, spannend und wundervoll dieser Roman ist.
Neben den Briefen, die zurückblicken, sind wir im Hier und Jetzt und lernen Ulrika kennen. Erfolgreich im Beruf, alleinerziehende Mutter, eines Sohnes, der bereits flüggegeworden, und zum Studium ins Ausland gegangen ist, um so vermutet Ulrika, dem Kontrollzwang seiner Mutter zu entkommen. Einen Mann in ihrem Leben gibt es nicht, dafür eine beste Freundin, die sie immer wieder anstupst aus ihrer Komfortzone, in der sie sich über die Jahre eingerichtet hat, herauszukommen.
Das Ulrika so ist, wie sie ist, liegt viel an ihrer Mutter und obwohl sie ein herzliches Verhältnis haben, und Ulrika lange schon ein eigenes Leben führt, ist da immer noch eine gewisse Bevormundung und auch viele Ängste. Was sich dahinter wirklich verbirgt ahnen weder Ulrika noch ihre Mutter doch wir werden es erfahren.
Durch Zufall findet Ulrika bei ihrer Mutter etwas, was sie neugierig macht. Ein Familiengeheimnis vielleicht?
Ulrika will dem nachgehen, will mehr über ihre Großmutter Gerda herausfinden, die der Schlüssel zu allem zu sein scheint. Dafür fährt sie heimlich auf die kleine Insel Ven, die ein absolut rotes Tuch für Ulrikas Mutter Alva ist. Daher erzählt Ulrika allen, dass sie woanders hinfährt.
Ulrika ist kein Mensch, der gern verreist und so wäre sie vermutlich auch gleich wieder umgedreht, hätte es da nicht ihre Freundin gegeben, die sie immer und immer wieder stupst.
Auf Ven lernt Ulrika viele Menschen kennen, die ihr und uns schon bald ans Herz wachsen. Vor allem aber lernt sie Bea kennen. Bea wohnt gegenüber dem Ferienhaus, in dem sie sich eingemietet hat und auch Bea, die allerdings älter als Ulrika ist, hat ihre Geschichte. Bea wurde urplötzlich von ihrem Mann verlassen. Ihr Leben ist jetzt leer. Sie igelt sich ein, nimmt nicht mehr am Inselleben teil.
Doch irgendwie ganz langsam, und aus einer respektvollen, aber herzlichen Distanz heraus, kommen sie in Kontakt. Zuweilen scheint es, als würde etwas wie Freundschaft entstehen, was in der Tat so ist, aber ganz so einfach ist es dann doch nicht.
Im Roman begleiten wir abwechselt Ulrika und Bea, vieles was wir erfahren, erleben wir aus beiden Perspektiven. Im Laufe der Zeit lernen wir ein paar Menschen kennen, die beiden zugewandt sind. Es ist fast so, als würde Ulrika zu den Einheimischen dazugehören, sie ist nicht die typische Touristin.
Wie sehr sich das Bewahrheiten wird, erleben wir, als sich Ulrika intensiv auf die Suche nach Spuren ihrer Großmutter macht, die seltsamerweise selbst die, die schon immer auf der Insel wohnen und in passenden Altern sind, nicht zu kennen scheinen.
Imme wieder lässt die Autorin Caroline Säfstrand in diese Handlungsebenen die geheimnisvollen Briefe einfließen, deren eigenes Geheimnis erst ganz zum Schluss gelüftet wird. So lange sind sie geheimnisvolle Begleiter einer wundervoll vielfältigen Handlung, in der es immer mal wieder auch so scheint, als könne sich eine Liebesgeschichte anbahnen. Um es vorwegzunehmen, dem ist nicht so.
Und genau das ist es was mich letztendlich so begeistert hat, denn
Caroline Säfstrand erzählt so wunderbar beschreibend, so intensiv, dass ständig vor unserem inneren Auge Bilder entstehen. Irgendwann hat man das Gefühl ehr einen Film zu sehen, als ein Buch zu lesen. Aber das Allerbeste, sie lässt Raum für eigene Fantasien.
Als ich das Buch zuschlug, war ich etwas traurig und glücklich zugleich. Traurig, weil es schon zu Ende war, denn es hätten noch so viele Geschichtensplitter weiterverfolgt werden können, und glücklich, weil es so inspirierend war, dass ich mich am liebsten gleich hingesetzt hätte um diese Geschichten, die plötzlich in mir herumspukten zu Papier zu bringen.
Nur leider kann ich nicht so gut schreiben, wie die Autorin.
Bleibt zu hoffen, dass sie diese Geschichtensplitter vielleicht selbst einmal aufgreift.
Es gibt so viel von dem ich gern wüsste, wie es weitergeht.
Was geschieht mit Sofias Haus?
Was wird aus der sich andeutenden Freundschaft zwischen Ulrika und Daniel, dem etwas wortkargen, aber herzlichen Witwer, der am selben Tag, im selben Jahr wie Ulrika das Licht der Welt erblickte.
Werden Bea und Klas ein Paar, und wird der so warmherzige alte Valdemar, der mit einem Schwan, oder auch mal Kaninchen und Eichhörnchen spazieren geht und mit dem Meer sprechen kann seine Cousine Sofia persönlich wiedertreffen? Werden Alva und Sofia vielleicht sogar einmal gemeinsam nach Ven zurückkommen.
„Alle Menschen tragen dreizehn Geheimnisse in sich, fünf davon so geheim, dass wir sie nie jemanden erzählen.“(Zitat)
Einem der fünf so geheimen Geheimnisse kommt Ulrica auf die Spur, und wie sieht es mit dir aus, meinst du an dieser These ist etwas Wahres dran?
Meine Fantasie schlägt gerade Purzelbäume vor Ideen und Gedanken.
Und so hatte ich das erste Mal nicht nur ein fesselndes und fantastisches Leseerlebnis, eine echte Auszeit vom Alltag, sondern auch ein so inspirierendes Leseerlebnis, so dass zumindest in meinen Träumen die Geschichte weitergeschrieben wird.
Was macht also für mich einen guten Roman aus?
Seit heute weiß ich, es ist mehr, als das Fesselnde für mich, es ist auch wenn ich inspiriert werde weiterzuträumen.
Und wie war das noch mit dem ersten Satz
„Mut beruht vor allem auf dem Willen, ihn zu haben.“(Zitat)
Was für ein starker Satz.