Die abenteuerliche Reise des Mats Holmberg

Bildquelle: Coppenrath Verlag
Die abenteuerliche Reise
des Mats Holmberg
von Eric o. Lindström
192 Seiten
1. Aufl. 25. März 2019
ISBN: 978-3-649-62947-4
Coppenrath Verlag
15,00€
Eine wunderschöne, sehr gefühlvolle, abenteuerliche, spannende Geschichte
 zum Vor - und selber lesen ab 5 Jahren
Lange schon habe ich nicht mehr so eine schöne Geschichte gelesen und auch die kleine Zuhörer waren ähnlicher Meinung.
"Die abenteuerliche Reise des Mats Holmberg" nimmt uns mit nach Schweden. Der Autor Erik O Lindström selbst lebt mit seinen beiden Kindern und einem Hund im Stockholmer Schärengarten und so ist es kein Wunder, dass er dieses Bullerbü Flair mit in seinen Geschichte nimmt.
Mats Holmbug lebt mit seinem Opa Jakob in einem Haus mit Garten und einigen Tieren, mit denen sich Mats sogar unterhalten kann, weil er ihre Sprache versteht, direkt am Kanal. Seine Eltern sind bei einem Unfall ums Leben gekommen  doch OPa Jakob kümmert sich so rührend um ihn, dass er gar nichts, wirklich gar nichts vermisst. Früher war Opa Jakob Kapitän und ist auf den Weltmeeren gefahren und da ein Seebär natürlich immer ein Seebär bleibt hat er immer noch einen kleinen Kutter auf dem er mit Mats oft unterwegs ist. Mats weiß alles über die Seefahrt und ist selbst schon ein kleiner Kapitän. Ein wundervolles Kinderleben um das wir Leser Mats sehr schnell beneiden. Doch dann geschieht etwas was Mats Leben von einer Sekunde auf die andere völlig aus der Bahn wirft. Während er mit den Tieren im Kanal badete fällt Opa Jakob von der Leiter. Als Mats hinzu kommt liegt der geliebte Großvater regungslos auf dem Boden umringt von jede Menge herbeigeilten Nachbarn, die nichts besseres zu tun haben Mats noch mehr Angst einzujagen als er eh schon hat. So viele Gedanken gehen ihm durch den Kopf. Ist er etwa Tod? Nein, Tod ist er nicht doch was genau und wie schlimm es ist kann ihm keiner sagen. Bevor der alte Mann in den Krankenwagen geschoben wird flüstert er Mats noch etwas zu. "Lisbeth". Doch was meint er damit. Mit ins Krankenhaus darf der nicht. Und dann hört er auch noch, dass die unsensiblen Nachbarn nichts besseres zu tun haben als sich darüber Gedanken zu machen wie sie Mats vereinnahmen können. Immer schon war ihnen der Großvater mit dem Kind ein Dorn im Auge. Wie kann sich ein alter Mann um ein Kind kümmern. Das braucht doch Familie. Noch während der Krankenwagen unterwegs ist planen sie Mats zu sich zu nehmen , die Tiere zu verkaufen bzw. zu schlachten etc.  Ein Abltraum! Nicht nur für Mats sondern auch für uns Leser, die wir uns  schon gleich zu Beginn der Geschichte so in den Jungen hineinversetzt haben, das er Teil des Leserlebens geworden ist und nun alles was ihm widerfährt auch ein Teil des Lesers ist. Mats handelt geistesgegenwärtig. Er packt schnell Proviant und alles nötige für die Tiere auf den Kutter, trixt den Nachbarn, der ihn abholen will noch rechtzeitig aus und macht sich dann mit den Tieren auf dem Kutter auf den Weg zu Lisbeth, Opas Schwester, die der Junge zwar nicht kennt aber schon viel von ihr gehört hat. Mats weiß in welchem Ort sie wohnt, dass das Haus am Wasser liegt und er hat ein Foto von ihr vor dem Haus. Mit diesem Wissen müsste er sie eigentlich finden können, vorausgesetzt der Nachbar findet ihn nicht vorher. Die Angst entdeckt, gefunden und an seinem Vorhaben gehindert zu werden  lässt uns Leser im laufenden oft fast den Atem stocken. 
Auf seiner Reise durchlebt Mats mit seinen Tieren sehr viel. Gleich zu Beginn gerät er in ein heftiges Unwetter bei dem eines seiner Tiere über Bord geht und er es mutig rettet. Er lernt die kleine Elvin kennen, die völlig allein ihre Ferien verbringt und von einer Tante zur anderen reist. Mats nimmt sie ein Stück des Weges mit. Zuerst nicht ganz freiwillig aber dann ist er ganz froh etwas Gesellschaft zu haben. Wenig später begegnet er Annika und ihrem Bruder Lasse, die auf dem Weg zum Geburtstag ihrer Oma vom Regen überrascht werden. Auch sie nimmt Mats ein Stück mit und wird sogar von der, sehr ungewöhnlichen alten Dame, zur Feier eingeladen bei der sich herausstellt, dass sie Mats Opa gut kennt. 
Ja, Mats findet Lisbeths Haus doch als er ankommt ist alles verweist.
Ob es ihm doch noch gelingt sie zu finden und was mit Opa Jakob ist, das verrate ich hier noch nicht, denn  die Geschichte ist viel zu schön um alles schon zu verraten.
Auch wenn der Handlungsverlauf schon abenteuerlich  und spannend genug ist. Wirklich schön wird es erst durch Erik O. Lindströms wundervolle Erzählweise, die einen so in die Geschichte hineinzieht und das Kopfkino in uns auf so grandiose Weise aktiviert.
Zu jeder Zeit hat man das Gefühl dabei zu sein. Nicht einen einzigen Moment, kein einziges Wort möchten wir missen. Ein Überlesen, Seiten überspringen wäre undenkbar und genau dieses Gefühl macht eine gute Geschichte aus.
Die in St. Petersburg geborene und in Hamburg lebende Illustratorin Sonja Bougaeva hat zu dieser Geschichte viele kleinerer schwarz-weiß Zeichnungen und mehrere größere großformatige farbige Illustrationen gestaltet, die Szenen und Stimmungen wundervoll einfangen  und unsere Fantasie anregen eigene Bilder zu erschaffen.
Erik O. Lindströms Geschichte beinhaltet viel thematische Elemente die sich an der Erlebnis- und Alltagswelt der Kinder orientieren. Das ein Kind bei seinen Großeltern lebt ist auch heute noch ehr selten. Die Angst jedoch allein da zu stehen, niemandem mehr zu haben hat jedes Kind einmal. Das Eltern sich trennen und nicht mehr miteinander reden so wie bei der kleinen Elvin, das gibt es allerdings sehr häufig und das man etwas verliert und plötzlich ohne Geld nach Hause kommen muss, auch das erleben Kinder. So erzählt der Autor zwar eine nahezu unmögliche, fantastische, abenteuerliche Geschichte, die in der Realität wohl seltener passieren wird aber mit sehr vielen begleitenden Handlungssträngen, in denen sich die Leser und Zuhörer wiederfinden können.
Die Fantasie einmal auf Abenteuerreise zu gehen so wie Mats, die beflügelt nicht nur und weckt unsere Abenteuerlust sondern lässt uns auch träumen.
Ja, und wer weiß vielleicht werden diese Träume ja doch einmal wahr. Einmal auf einem Hausboot leben oder einen Urlaub darauf zu verbringen oder einfach nur in die wunderbare Natur einzutauchen, von einen Ort zum anderen zu reisen und andere Menschen kennen zu lernen.
Ich habe die Geschichte Kindern im Alter zwischen 5 und 9 Jahren vorgelesen, verteilt auf drei Tage und es war immer wieder schwer für uns alle aufzuhören und immer eine große mit Spannung erwartete Freude wenn es weiter ging. Beim Vorlesen merkte man genau wie sehr sich die Kinder in den Handlungsverlauf hineinversetzten, in sie förmlich eintauchten, sich wie auf einer Welle treiben ließen.
In den späteren Gesprächen war die Sehnsucht nach selbständigen Abenteuern deutlich herauszuhören. Aber auch die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod, Alleinsein und das Leben bei Fremden oder Großeltern wurde thematisiert.
Bei den Kindern im Alter zwischen 9 und 13 Jahren die das Buch selbst gelesen haben war ähnliches zu erkennen. Sie gingen in Gesprächen darüber hinaus sehr auf ihr Leseerlebnis, die Gefühle die sie beim Lesen hatten ein. Das sie so intensiv über ihr Leseerlebnis sprechen ist ehr selten gehen sie zumeist nur auf den Inhalt und wie es ihnen gefallen hat ein.
Das Buch weiß im Aufbau der Geschichte eine Besonderheit auf, die in Kinderbüchern noch nicht so oft zu finden ist. Es beginnt mit einem Prolog in der wir gleich in einer der spannendsten Situationen hineingestupst werden, bevor die eigentliche Geschichte beginnt und sie endet mit dem Epilog der uns sanft wieder hinausführt.
Was Ist ein Prolog, was ein Epilog? Wieso macht man so etwas.
Die Jüngeren unter den Selbstlesern kannten diese Art der Erzählweise noch nicht und waren, wie sie erzählten irritiert. Die etwas älteren hatten schon mal ein Buch gelesen, das so aufgebaut war. So ist hier mein Tipp je nach Kind bevor man das Buch empfiehlt oder gibt kurz darauf hin zuweisen.

Für mich als Erwachsenen war es eine grandiose Auszeit, die mich nach Schweden, ans Wasser, auf ein Boot, mit Tieren ins Grüne hat eintauchen lassen und Sehnsucht geweckt hat.
Und so hat sich einmal mehr bestätigt das Kinderbücher nicht nur für Kinder sind.
Und so hoffe ich bald mehr von Erik O.Lindstöm lesen und vorlesen zu dürfen.

Übrigens, der ein oder andere kennt bestimmt die wundervollen Geschichten von Meja Meergrün. Auch sie stammen aus der Feder des Autors.
Sie sind aber, wenn auch wunderbar und fantasisch, fantasievoll, völlig anders in ihrer Wirkung und dem Leseerlebnis.
Mehr zum Buch erfahrt ihr auch hier und es gibt eine Leseprobe: 
Leseprobe: