Ein Garten voll Glück

Bildquelle: Blanvalet
Ein Garten voll Glück
von Debbie Macomber
384 Seiten
1. Aufl. 22. Mai 2024
ISBN:978-3-7341-1354-3
Blanvalet
12,00€

Ein herzenswarmer, herzergreifender, sehr bewegender, hoffnungsvoll stimmender, tiefer Roman mit tollen Charakteren
 sehr aus dem Leben von Hinterbliebenen
Puh!
Diesen Roman zu beschreiben ist für mich (zugegebener Maßen) nicht ganz so einfach, doch ich versuche es, denn ich habe ihn bei all den Tränen, die ich vergossen habe sehr, sehr genossen und die Figuren sehr lieb gewonnen. Debbie Macombers Erzählstil ist so wunderbar. Sie erzählt so lebensnah, so realitätsnah, dass es einem in gleicher Situation, wie der, der Protagonisten Joan, oft einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Gleichzeitig schafft sie, es fantastisch  so zu erzählen, dass man trotz trauriger Momente und schwieriger Situationen unglaublich beschwingt und hoffnungsvoll aus diesem Roman hinausgeht. Für Leser*innen, die einen Verlust erlitten haben, ist "Ein Garten voll Glück" fast so etwas wie Therapie. Einfach großartig!
Ich kannte die Autorin, die eigentlich schon aufgehört hatte zu schreiben noch nicht, und ich bin so unendlich froh und dankbar, dass sie ihr Vorhaben sich zur Ruhe zu setzten bereits nach 4 Monaten über den Haufen geworfen hat und uns diesen wundervollen Roman geschenkt hat. 
Es war schon ein wenig unheimlich, wie viel Parallelen es zu meinem Leben und meinen Gefühlen als relativ junge Witwe gab. Bis Seite 30 habe ich ständig überlegt, "schaffst du es weiterzulesen"?. Doch ich musste einfach weiterlesen, es ging gar nicht anders, als ihn in einem Rutsch (bis auf ein paar kleine Tränen-trocknen-Momente) zu lesen.
Wir lernen Joan und Maggie kennen. Zwei Frauen, die viele Lebenjahre von einander trennen, und doch einander viel geben werden.
Joan ist seit 5 Jahren Witwe. Ihr Mann starb überraschend. Er wurde von einer Sekunde auf die andere aus ihrem Leben gerissen. Einem Leben das Joana so, so viele Jahre privat und beruflich mit ihrem Mann geteilt hatte. Sie waren mehr oder weniger nahezu 24 Stunden am Tag zusammen, erst recht, nachdem die beiden Söhne ausgezogen waren. Der Tod ihres Mannes, und der kurz darauf eintretenden Coronazeit hatte sie zu einer Einsiedlerin werden lassen. Die Frau, die früher so den Menschen zugewandt die Zahnarztpraxis ihres Mannes managte, die Haus, Garten und Familie stets souverän im Griff hatte, war eine andere geworden. Zurückgezogen, ohne großartige soziale Kontakte, ohne viel aus dem Haus zu gehen, ja fast schon mit Angst vor der Welt da draußen, und ohne Freude am Leben, saß sie ihre Lebenszeit mehr ab, als das sie lebte. Doch das wandelt sich. Um ihren Geburtstag herum passiert einiges, dass sie langsam aus ihrem Schneckenhaus lockt. Ein Brief der Eigentümergemeinschaft, der Siedlung in der sie lebte, forderte sie auf ihren verwilderten, ungepflegten Garten in Ordnung zu bringen, und die immer wieder ermahnend, aufmunternden Worte ihrer Schwester hallten ihr auch im Ohr.
Ihre Schwester hatte ihr von einer gemeinsamen Freundin berichtet, die überlegte eine junge Frau als Untermieterin bei sich aufzunehmen, damit das Haus nicht so leer war. Könnte das nicht auch etwas für Joan sein?Die jedoch konnte sich das alles so gar nicht vorstellen.
Doch es kommt anders. Es kommt der Tag, an dem sie unbeholfen einen Gartenservice kontaktiert. Es kommt der Tag, an dem sie nach sooo langer Zeit wieder zu ihrer Friseurin geht, es kommt der Tag, an dem sie von der jungen Maggie hört, die dringend ein Zimmer sucht, um aus ihrem schwierigen Elternhaus herauszukommen, und es kommt sogar der Tag, an dem Joana sich Hilfe bei einer Therapeutin sucht und sich sogar einer Trauergruppe anschließt.
Und Maggie, Maggie kümmert sich um ihren alkoholkranken Vater, der nach dem Tod seiner Frau völlig abgerutscht ist. Maggie möchte Krankenschwester werden und um das zu finanzieren, hat sie gleich mehrere Jobs, die sie sehr gewissenhaft ausübt. Doch alles Abrackern hilft nicht, denn ihr Vater versäuft Maggies schwer verdiente Geld und ist alles andere als nett zu ihr. Zudem lässt er das Haus völlig verwahrlosen.
Maggie ist es leid. Sie muss da raus und findet durch einen Zufall zu Joan, die sie aufnimmt. Die beiden Frauen freunden sich sofort an. Das Maggie nun Joans Untermieterin ist verschweigt Joan ihren Söhnen erst einmal. Sohn Nick, der in der Nähe lebt, aber beruflich sehr eingespannt ist, und aus den verschiedensten Gründen nicht oft bei seiner Mutter ist, hatte auf die Frage der Untervermietung deutlich gemacht, dass er das nicht gut fand.
Auch Nick hat sein eigenes Leben, das ihn nahezu täglich in eine Starbucks Filiale führt, wo er ein Auge auf eine der Angestellten geworfen hatte. Die wiederum liebte es ebenfalls mit ihm zwanglos zu flirten. Und wie es das Leben so will, ist es Maggie. Die ahnt nicht, dass der Mann, den sein Freund nur Einstein nennt, Joans Sohn ist.
Als Nick eines Tages völlig überraschend seiner Mutter einen kleinen Hundewelpen aufs Auge drückt, ohne das sie das auch nur ansatzweise möchte, und er einige Tage später ausgerechnet in besagter Starbucks Filiale mit seinen Freund und Kollegen über den Welpen spricht, erkennt Maggie, dass Einstein Joans Sohn sein muss.
Ausgerechnet an dem Tag fasst sich Nick ein Herz und bittet Maggie um ein Date. Die jedoch ist so perplex, dass sie ihm einen Korb gibt, da sie von Joan weiß, das Nick gegen die Untermietung ist, und nicht ahnt, dass seine Mutter bereits ausgerechnet sie als Untermieterin hat.
Maggie mochte Nick, doch sie wusste nicht wie, sie reagieren sollte.
Es dauert nicht lange, bis Nick Maggie im Haus seiner Mutter antrifft. Nick ist entsetzt und lässt kein gutes Haar an Maggie. Mehr noch, er verlangt, dass sie auf der Stelle auszieht.
Joans Leben hat sich verändert und das nicht nur wegen Maggie. Ihr mutiger Anruf beim Gartenservice bringt sie in Kontakt mit Phil, der ihr gleich sympathisch ist. Als sie den Gartengestalter ausgerechnet in der Trauergruppe wieder trifft, ist ihre Verwirrung recht groß.
Doch alles fügt sich mit der Zeit. Einer Zeit in der Joans Leben voller Fügungen ist, die sie plötzlich mutig annimmt und langsam ins Leben zurückbringt.  Es passiert viel. Es läuft nicht alles reibungslos und leicht. Besonders die langsame Auseinandersetzung mit dem Tod ihres Mannes und die damit verbundene Trauerarbeit fordert Joan. Gleichzeitig freut sie sich über Begegnungen mit Phil, der ihren Garten auf Vordemann bringt. Dass sie sich auch noch unfreiwillig als Hundemutter betätigen muss, raubt ihr erst einmal den Schlaf, sorgt bei ihr aber auch für viele Glücksmomente und Schmunzelmomente für uns Leser.
Auch Maggies Leben ist voller Auf und Abs, besonders die Beziehung zu ihrem Vater ist schwierig und wird noch sehr kostenintensiv. Parallel zur Baustelle Papa ist da ja auch noch Nick, der ihr das Leben schwer macht, obwohl sie ihn doch eigentlich sehr mag, und er sie auch. Immer wenn sich alles zum Guten zu wenden scheint und wir die beiden als Paar sehen, passiert etwas, was Nick von Maggie trennt und sich die gerade geglätteten Fronten wieder verhärten.
Es passiert viel, und wir lernen viele tolle Charaktere kennen. Aber das Wichtigste ist, wir erleben, wie sich fast wundersam langsam alles fügt, als wenn ein Puzzelteil zum anderen findet und auch die letzte Lücke , zu einem schönen Leben geschlossen werden kann.
Wie die Menschen zueinanderfinden, sich gegenseitig unterstützen und helfen, mit welcher Feinfühligkeit, Sensibilität und Selbstverständlichkeit  sie füreinander da sind, ist so mutmachend und hoffnungsvoll.
Der Roman lässt Betroffene schlucken, aber mehr noch nachdenken. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Joans Weg vielen Mut macht, weil man sich in ihr wiederfinden kann. Sie war stickt gegen den Gedanken zu einer Therapeutin zu gehen, und erst recht gegen den Besuch einer Trauergruppe, und dennoch versucht sie es und erlebt etwas, womit sie nicht gerechnet hätte. Debbie Macomber beschreibt das so wundervoll  und füllt Joans Erlebniswelt mit so viel Realitätsbezug, dass man einen guten Einblick bekommt und selbst Mut bekommt.
Mir ist der Roman sehr ans Herz gewachsen, besonders die Menschen, die ich für eine kleine Weile begleiten durfte. Gern hätte ich ihr Leben noch eine kleine Weile länger begleitet.