Glitzer für alle!


Glitzer für alle!
von Milena Baisch
mit Bildern von Eefje Kuijl
32 Seiten
1. Aufl. 08.März 2022
ISBN: 978-3-328-30058-8
Penguin Random House
14,00€
Ein wichtiges, wundervolles Bilderbuch, das zeigt, wie dumm es ist in Schubladen und Rollenbildern zu denken
Ein Buch das Mädchen und Jungen stärkt, das zu machen, so zu sein, wie sie es möchten
für Kinder ab 3 Jahren

Immer noch gibt es ein großes Rollenklischee-Denken. Mädchen spielen mit Puppen, Jungen mit Autos. Mädchen verkleiden sich als Prinzessinnen, Feen oder als Eiskönigin, Jungen als Räuber, Polizisten, Superman. Doch wieso dürfen Jungen nicht auch Dinge tun, die wir so langläufig Mädchen zuschreiben und wieso dürfen Mädchen nicht auch typische Jungendinge machen?
Es gibt keinen Grund und deshalb räumt dieses zauberhafte Bilderbuch genau damit auf. Tarek und Paul spielen zusammen auf dem Außengelände der Kita. Sie stellen sich kleineren Herausforderungen. "Traust du dich bis ganz nach oben?" ruft Tarek und schon erklimmen beide das Klettergerüst. Als sie an der Kletterstange baumeln geht es darum abzuspringen. Ein ganz normales Spiel, das durch eine ungewöhnliche Entdeckung zu einem besonderen Erlebnis wird und eine Geschichte ins Rollen bringt, die Kindern deutlich macht, wie dumm es ist in Rollenbildern zu denken und das es gut ist mutig zu sein und sich nicht an einem Klischeedenken zu orientieren.
Denn gerade als Paul an der Kletterstange hängt um auch abzuspringen entdeckt er ganz oben in der Spitze des Kletterhauses etwas wunderschön glitzern. "Hier ist ein Zauber!" ruft Paul und ist ganz fasziniert von dem Gefunkel. Was das wohl sein mag? Zur Faszination für das Funken kommt die Faszination des Unbekannten, des Abenteuers, der Spekulationen. Kommt das Funkeln von einer Fee, oder ist es vielleicht die Wunderkugel eines Zauberers und er darf sich etwas wünschen? Eine schöne Vorstellung, doch es ist etwas ganz anderes. Es ist eine Prinzessinnenkrone, die ein toller Piratenschatz ist findet Tarek doch da meldet sich Tilly, der die Krone gehört. Am Abend blickt Paul in den Himmel, wo die Sterne genauso schön funkeln wie die Tillys Krone. Paul mag das Glitzern sehr und deshalb fragt er Tilly am nächsten Tag ob er sich die Krone noch einmal ansehen darf. Wieder glitzert und funkelt sie so schön, doch Tarek ist entsetzt, wie kann Paul nur Mädchensachen gut finden und schon rufen andere Kinder "Paul spielt Prinzessin.... der spielt mit Mädchensachen!" Das die anderen Kinder ihn auslachen finden die Lesekinder sehr schade und einfach dumm, doch geben sie zu, das viele schon einmal in einer ähnlichen Situation mit gerufen haben um nicht uncool zu sein bzw. anzuecken. Paul zieht mit Tarek ab um wieder richtige Jungenspiele zu machen. Damit könnte eigentlich die Geschichte zu Ende sein, doch das ist sie nicht. Ganz im Gegenteil, denn jetzt fängt sie erst an. Als Paul und Tarek eine kleine Pause machen und sich ins Gras legen und in den Himmel schauen denkt Paul an die letzte Nacht, wo der Himmel voller Glitzersterne war. "Warum dürfen Jungen nicht mit Glitzersachen spielen?" denkt er und Tareks Antwort ist so klar: "Das machen nur Mädchen!" Doch wieso sollen nicht auch Jungen Glitzersachen mögen dürfen? "Was passiert, wenn ein Junge es trotzdem macht?" Tarek hat keine Antwort, aber meint das es etwas Schlimmes ist. Wieder vergeht eine Nacht in der Paul in den Himmel schaut und nachdenkt. So viel geht ihm durch den Kopf und immer im Hinterkopf, was wenn Jungen doch mit Glitzersachen spielen, was wenn Jungen einfach doch dazu stehen Glitzer zu mögen? Ein wenig Angst hat er schon. Was wenn die Sterne lauter verzauberte Jungen sind, die Glitzer mochten? Es ist bestimmt besser sich von Glitzer fern zu halten. Von da an ist alles was glitzert für Tarek und Paul etwas, dem man entfliehen muss. Als die kleine Tilly in der Kita mit den beiden spielen möchte bekommen die beiden richtig Panik, denn Tilly hat ein Glitzershirt an. Tilly ist traurig, das die beiden so reagieren. Zu gern hätte sie mit ihnen gespielt und da hat sie eine Idee. Sie holt ganz viel Glitzersachen  und möchte sehen, wie sich die Jungen in Sterne verwandeln wenn sie sich mit Glitzer umgeben. Es ist als fordere sie die beiden zum Duell auf. Es wäre mutig die sich dem zu stellen. Was mutig wäre ist ein Abenteuer und Abenteuer sind etwas für Jungen.
Plötzlich ist Tarek in seinem Element. Etwas zögerlich fragt er Paul ob es sich trauen würde und Paul fragt Tarek das Selbe. Eines steht fest, sie sind die Mutigsten und weil sie die Mutigsten sind nehmen sie die Herausforderung an. Der Plan ist, sich heimlich in ihrem Versteck zu verkleiden und dann auf das Klettergerüst zu klettern um genauso zu funkeln wie Tillys Krone. Etwas peinlich ist es ihnen schon und die Angst spiel auch mit, aber sie sind die Mutigsten und wollen das durchziehen. Doch schon in dem Moment wo die sich auf den Weg zum Klettergerüst machen werden sie von den anderen Kindern entdeckt, die sie gleich wieder auslachen. Nur dieses Mal stellt sich Tilly mutig vor sie und hält ihnen den Rücken frei und dann geschieht etwas, das alle staunen lässt und Paul und Tarek so gut fühlen lässt wie noch nie. Sie sind wirklich die Mutigsten. Sie zeigen allen was passiert, wenn man sich mit Glitzer umgibt. Jetzt lacht niemand mehr und niemand von denen, die gelacht haben werden wieder lachen. Und so ist die Botschaft dieser Geschichte ganz klar. Jungen dürfen Glitzersachen genauso mögen wie Mädchen, und Mädchen können genauso mutig sein wie Jungen. Jeder, egal ob Junge oder Mädchen kann das tun, was er/sie/es gerne mag. Mädchen sind mutig und stark, wie Jungen und für Jungen gibt es keinen Grund nicht Dinge zu tun, die angeblich nur Mädchen vorbehalten sind. "Macht was euch gefällt!" war schon die Botschaft von Astrid Lindgrens Kinderbuchfigur Pippi Langstrumpf und genau das ist es "Macht was euch gefällt!" Macht die Welt wie sie euch gefällt, macht die Welt bunt und ihr werdet glücklich sein. Wie schön wäre die Welt, wenn niemand über den anderen lacht, wenn niemand sich verstecken müsste aus Angst anzuecken?
Das Buch inspiriert zu einem regen Meinungsaustausch und ist daher ein wunderbarer Einstieg um mit Kindern über Rollenbilder zu sprechen. Es stärkt Mädchen wie Jungen und zeigt deutlich, das es dumm ist in Rollenbildern zu denken. Und wenn jeder einmal etwas macht, was eigentlich nicht seinem Geschlecht zugeordnet wird, wird seine Welt deutlich reicher. Mädchen, die mit Werkzeug umgehen und werkeln, Jungen, die nähen oder sich schminken, wieso denn nicht? Jedem das was Spaß macht.
Das die Geschichte mit ihrer Botschaft so gut bei den Kindern ankommt liegt auch an den zauberhaften, sehr ausdrucksstarken, lebendigen Illustrationen, die sowohl die Situationen und Gefühle perfekt einfangen und die Reaktionen der Figuren nachempfindbar, fühlbar machen aber vor allem auch das Strahlen, das Glück wundervoll darstellen. 
So haben wir hier ein Buch, das Spaß macht und Begeistert und einen wichtigen Beitrag dazu leistet, das Kinder gestärkt werden ihren eigenen Gefühlen zu folgen und das zu machen was sie möchten, auch wenn das vielleicht nicht dem entspricht was andere von einem erwarten. Gut ist, was sich gut anfühlt!