Bildquelle: Blanvalet Randome House
Das kleine Nähcafe am Fluss
von Sabine Schmidt
336 Seiten
1. Aufl. 23. Oktober 2024
ISBN: 978-3734113727
Blanvalet
12,00€
Ein ganz wundervoller, sehr atmosphärischer, lebendiger, aber auch tiefgründiger Roman, der von Anfang bis Ende fesselt
Ich liebe das Nähen und Romane, die an Räumen der Begegnung spielen, daher war ich schon von der kurzen Beschreibung auf dem Cover gefesselt. Was dann aber kam, hat mich nicht nur sehr positiv überrascht, sondern auch absolut fasziniert und gefesselt.
Euch erwartet eine spannende, gefühlvolle, vielschichtige Geschichte, die man nicht einfach zur liest, sondern wirklich aufsaugt. Ich konnte keine Pause machen, so unglaublich fesselnd und atmosphärisch ist Sabine Schmidts Erzählstil.
Wer viel rund um das Thema Nähen und Nachtcafé erwartet, sollte seine Erwartungen etwas reduzieren, denn auch wenn das den Titel bildet, ist dieser Bereich nur ein Teil des großen Ganzen.
Inhalt:
Maura ist eine in Köln lebende unabhängige Powerfrau, Singlemutter eines mittlerweile ausgezogenen, studierenden Sohnes, die nach dem frühen Tod ihrer Mutter bei ihrer Tante in Norddeutschland aufgewachsen ist.
Ein lebensveränderndes Ereignis ließ sie allerdings 18 Jahre zuvor, von heut auf morgen, aus diesem behüteten ländlichen Leben fliehen. Was genau passierte, erfahren wir im Laufe der Handlung, in der viele Geheimnisse ans Tageslicht kommen.
Der Roman beginnt mit einem großen beruflichen Problem in Mauras Redaktion, dass sie extrem fordert. Just in dieser schwierigen Situation bekommt sie den Anruf einer Anwältin, die sie über den Tod ihrer Tante und Ziehmutter informiert.
Maura bleibt nichts anderes übrig, als in den Norden zu reisen, ihre Tante auf ihrer letzten Reise zu begleiten und sich um die Abwicklung ihres Erbes zu kümmern.
Die Rückkehr in ihre alte Heimat fällt Maura extrem schwer, der Schmerz der Vergangenheit sitzt selbst nach 18 Jahren noch tief und sie fürchtet sich davor, den Menschen, die sie (nach ihrer Meinung) zutiefst verletzt haben, wieder zu begegnen.
Als Alleinerbin steht für sie fest, sie wird das Haus ihrer Tante verkaufen und so schnell wie möglich nach Köln zurückzukehren.
Ihrem Sohn sagt sie erst einmal nichts vom Tod der Tante, damit er nicht zur Beerdigung und somit in den Ort reist, aus dem seine Mutter kommt.
Man ahnt schon, dass es hier ein großes Geheimnis gibt, doch wie das alles zusammenhängt, ist dann doch noch viel tragischer als gedacht.
Mauras damals beste Freundin Hillka spielt hier eine unfreiwillige Schlüsselrolle und gerade die Begegnung mit Hillka ist es auch, die Maura unter anderem besonders im Magen liegt, hatte, die sie (nach Mauras Meinung nach) damals hintergangen.
Doch es ist ausgerechnet Hillka, auf die sie nach ihrer Ankunft am Haus als erstes trifft. Diese ist immer noch die direkte Nachbarin der verstorbenen Tante. Zudem waren Tante Hettie und Hillka Freundinnen gewesen und Hillka ein Mitglied des Nightclubs, der sich regelmäßig in Tante Hetties Nähladen und Nähcafe traf.
Als Maura die Heimat verließ, gab es weder den Anbau ans Haus noch das kleine Nähcafe. Aber das war Maura auch egal, stand für sie doch fest, alles so schnell wie möglich zu verkaufen.
Das Wiedersehen mit alten Bekannten, Freunden und Wegbegleiter*innen lässt Maura immer wieder zurückblicken. Diese Rückblicke sind für den Leser klar erkennbar, was das Lesen und leicht macht und nicht verwirrt.
Ich möchte hier auch gar nicht zu viel zu verraten, daher gebe ich euch hier nur ein paar kleine Inhaltssplitter. Es wäre echt zu schade, die Spannung zu nehmen, denn Sabine Schmidt erzählt wirklich so unglaublich toll und atmosphärisch, dass man das Gefühl hat, unmittelbar mit im Geschehen zu sein. Vor dem inneren Auge bauen sich die Landschaft, das Haus und sogar die einzelnen Figuren so auf. Es ist so wunderbar, dass man das Gefühl hat, einen Film zu sehen und vergisst, dass man "nur" ein Buch liest.
Euch erwarten verschiedene Handlungsstränge:
Mauras Gefühle, Mauras berufliche Probleme, die einem Krimi für sich gleichen, Mauras Geheimnis wer der Vater ihres Sohnes ist, wieso sie Hals über Kopf die Heimat verlassen hat, und auch die Frage, wer wohl ihr eigener Vater ist, werden gelüftet.
Wir hören von Mauras unbeschwerter Kindheit, den Erinnerungen an ihre Mutter und ihre Tante, von Mauras Freundschaft zu Hillka , von ihrer großen Liebe zu Thore, die jäh mit ihrer Flucht endete. Wir erfahren aber auch, wie es den Menschen ergangen ist, die Maura mit genauso viel Fragen zurückgelassen hat. Nicht alle sind glücklich über Mauras Rückkehr. Dorftratsch inbegriffen.
Wir erleben aber auch, wie Maura und Hillka sich langsam wieder annähern, wie sie wieder Freundinnen werden. Wir erleben, wie falsch Maura damals das lebensverändernde Ereignis gesehen hat. Dass Hillka sie nie betrogen oder hintergangen hat. Wir sind hautnah mit dabei, wie der Dorfmogul und seine Familie gegen Maura agieren und alles daran setzten, ihr das Haus und Grundstück mit allen Mitteln abzuluxen. Wir erleben, wie Mauras Liebe zum Haus neu entfacht und aus dem schnellen Verkaufen wollen ein unbedingt behalten wird, für das sie und viele Dorfbewohner sehr kämpfen werden. Und wir erleben, dass Mauras Sohn unverhofft auftaucht und sich dann auch noch in Hillkas Tochter verliebt.
Die Handlung ist extrem vielschichtig, aber sehr klar erzählt. Es gibt viele sehr eigene Charaktere, die durch die tolle Beschreibung der Autorin wirklich ein Gesicht bekommen und es gibt eine Figur, über die man einfach immer schmunzeln kann, die so unglaublich ist, dass man sie einfach ins Herz schließen muss.
Ja, und dann ist da auch noch ein Mann, der ebenfalls eine etwas tragische Geschichte hat und Mauras Herz langsam erobert, obwohl sie sich innerlich, doch sehr wehrt, sich dies einzugestehen.
Am Ende wissen sowohl Maura als auch ihr Sohn, wer ihre Väter sind, und beide finden ihr Glück und ihren Frieden, der den Raum für einen Neuanfang gibt.
Wie es mit allen weitergeht und wie das kleine Nähcafe auch hier wieder eine wichtige Rolle spielen wird, dürfen wir hoffentlich im zweiten Roman "Neues Glück für das kleine Nähcafe am Fluss“ erleben.
Ich zumindest kann es kaum abwarten!
Ich weiß Sabine Schmidt ist sonst in Sachen Nähen unterwegs, was sie schon stark einbindet. Ich würde mir aber sehr wünschen, dass sie uns auch weiterhin mit vielen neuen Geschichten überrascht.
Ich habe mich verliebt.
Verliebt in ihre Art zu erzählen, zu schreiben und wie sie es schafft, einen so zu fesseln, dass man völlig abtauchen kann.
Liebe Sabine Schmidt!
Danke für diese wunderbare Entführung aus dem Alltag.