Ich habe einen Traum Als Flüchtlingskind in Deutschland

Bildquelle: Heyne Verlag 
Ich habe einen Traum
von Reem Sahwil
240 Seiten
1. Aufl. 2017
Heyne Verlag
ISBN: 978-3-453-60392-9
9,99€



Als Flüchtlingskind in Deutschland


Eine junge wunderschöne Frau guckt uns auf dem Cover freundlich entgegen.
Sie sieht glücklich aus. 
Kennt man ihr Schicksal, dann grenzt es schon an ein Wunder, das sie uns heute so fröhlich entgegen blickt.
Rems Geschichte ist sehr persönlich und dennoch steht sie für viele tausend Einzelschicksale. Sicherlich, nicht jedes ist so dramatisch wie das vom Reem und dennoch schildert sie ein Problem, vor dem sehr, sehr viele Flüchtlinge stehen.
Sie kamen aus dem Ungewissen, aus Krieg, Verfolgung, Vertreibung und gingen ins Ungewisse. Dieses Ungewisse ist in Deutschland jedoch noch längst nicht zu Ende.
Gerade in der letzten Zeit hören wir in den Medien immer wieder von Familien, die jahrelang bei uns wohnen, sich integriert haben, die Kinder haben, die hier geboren wurden, die arbeiten, zur Schule gehen , Freundschaften geschlossen haben, hier angekommen sind und dann plötzlich abgeschoben werden, bzw. werden sollen.
Was soll das?
Sie leben hier als Teil unserer Gesellschaft. Sie leisten oftmals wichtige Arbeit wie Reems Mutter, die als Sozialarbeiterin tätig ist oder Reems Vater, der dolmetscht und überall da hilft wo er gebraucht wird. Reem ist eine gute Schülerin hat Pläne und dennoch leben sie ständig mit der Ungewissheit ob sie nicht doch irgendwann zurück in ihre "Heimat" müssen. Eine Heimat, die nie Heimat war. Ein Flüchtlingslager, in dem nicht nur sie unter schlimmen Verhältnissen geboren wurde sondern auch schon ihre Eltern. In das ihre Großmutter vor über 60 Jahren kam, und nie Heimat geworden ist. Ein libanesisches Flüchtlingslager. Ein Leben im Flüchtlingslager, ein Leben lang. Wie gut es uns doch hier geht.
Reem wird dort als Frühchen geboren, unter dramatischen Umständen bringt der Vater sie in die nächst größere Stadt ins Krankenhaus, ob sie wirklich noch lebt ist ungewiss, doch auch da wird sie nicht sofort behandelt. 2000 Dollar wollen die Ärzte haben bevor sie sich das kleine Wesen überhaupt erst ansehen. Wichtige Zeit verstreicht. Woher 2000 Dollar nehmen? Reems Vater hat glück, sein Chef ist ihm wohlgesonnen, leiht ihm das Geld, doch das reicht nicht aus für all die Kosten, die täglich im Krankenhaus entstehen. Und dennoch, dank der Familie, dem Chef und seinem eisernen Willen überlebt Reem. Halbseitig gelähmt, aber am Leben. Ein Leben voller Entbehrungen, voller Leid, das durch eine OP gelindert werden könnte. Woher das Geld für die Op/ die OP's nehmen. Auch das schafft die Familie.
Der Weg führt die Familie nach Deutschland, immer wieder und irgendwann ganz. Der Vater kann nicht mitkommen. Auf abenteuerliche, gefährliche Weise gelingt auch ihm später der Weg zu seiner Familie.
Reem erzählt so mitreißend, das man einfach nicht aufhören kann weiter zu lesen. Sie schildert ihr Schicksal in einer wunderbaren, leichten und fesselnden Weise, das man ihr gerne zuhört. Nicht vorwurfsvoll, nicht klagend, immer schwingt dieser unbändige Lebenswillen und Lebensmut mit, diese Grundfröhlichkeit auch wenn es gar nichts zu lachen gibt.
Einige kennen Reem vielleicht aus dem Fernsehen, als sie  unter medialer Beobachtung auf unsere Bundeskanzlerin traf und sie fragte, wieso Familien abgeschoben werden obwohl sie schon längst  vollständig in die deutsche Gesellschaft integriert sind. Angela Merkel gab ihr keine zufriedenstellende Antwort, macht ihr keine Hoffnung.
Auch heute ist Reems Zukunft ungewiss.
Im Oktober 2017 läuft die Duldung aus.
Was wird geschehen?
Wir werden es in wenigen Wochen wissen.
Ich frage mich, wie man Leute aus fremden Ländern, die so gut integriert sind abschieben muss?
In Deutschland gibt es so viele straffällig gewordene "Gäste" die leichter hier bleiben dürfen als Reems Familie, die stellvertretend für viele Familien ist. Ich kenne weit mehr als 10 Familien in meinem Umkreis, denen es ähnlich geht. Da ist die Familie eines Arztes aus Afghanistan, der Lehrer aus Syrien, der besser deutsch spricht als viele Deutsche, der in die Flüchtlingsintegration eine wichtige Arbeit leitest, dessen zwei kleinen Kinder nur deutsch sprechen. Da gibt es die Krankenschwester aus Palästina, die im Hospiz arbeitet. Alle leben mit ihren Familien hier weil sie in ihrer Heimat nicht mehr leben konnten. Jeder hat seine eigene Biografie so wie Reems Familie und ich denke wir brauchen sie hier. Es gibt keinen Grund wieso sie ins Ungewisse zurück gehen sollten. Sie nehmen uns nichts weg, beanspruchen häufig noch nicht einmal Soziallleistungen. Sie sind in der Regel sozialer eingestellt als viele die hier geboren wurden.

Ich bin froh, das Reem uns dieses Buch mit ihrer Geschichte geschenkt hat.
Es ist denke ich auch ein ideales Buch, das in Schulen gelesen werden könnte um ein Bewusstsein für die Flüchtlinge zu schaffen.
Ihre Sprache versteht jeder.
Es ist ein faszinierendes, spannendes und gefühlvolles Buch.
Eine sehr persönliche Biografie von einem besonderem Menschen, der von Geburt an kämpfen musste und nie aufgegeben hat.

Danke Reem für dieses besondere Buch!