Jimmy Kelly Streetkid - Fluch und Segen,ein Kelly zu sein

Bildquelle: Random House/ Heyne
Jimmy Kelly
Streetkid
Fluch und Segen, ein Kelly zu sein
256 Seiten
1.Aufl.2017
Heyne Verlag / RandomHouse
ISBN: 978-3-453-20151-4
19,99€


Was für ein Buch!

Ich glaube die Kelly Family muss ich hier nicht vorstellen.
Ich möchte hier auch gar nicht weiter auf sie eingehen.

Meine Motivation dieses Buch zu lesen hatte nichts mit ihnen zu tun, sondern einzig  und allein mit der Straßenmusik, dann erst mit Jimmy Kelly und überhaupt nicht mit seiner Familie.
Gut, auch mich hat ihre Musik begleitet. Die Musik der Familie, die im Doppeldeckerbus von Stadt zu Stadt zog und auf der Straße spielte. 
Die Kellys danach, die Konzerte gaben, die Stadthallen und Arenen füllten mochte ich nicht.

Ich kann mich gut an die Zeit erinnern wo ich sie  auf der Straße erlebte, denn es war der Beginn meiner musikalischen Leidenschaft für die Straßenmusik, die meines Erachtens unglaubliche Musiker beheimatet, die alle mal besser sind, als vieles was uns heutzutage im Radio und Fernsehn' so zugemutet wird.
Straßenmusik ist etwas sehr ehrliches und diesen Musikern gilt meine Bewunderung.
Sie singen aus Überzeugung, live und ausdauernder als alle anderen Musiker.
Man stellt sich nicht einfach so hin und singt mal eben ein paar Lieder.
Es ist schwere Arbeit bei Wind und Wetter hinaus zu gehen, nicht überall gewollt zu sein, ständig in mehr oder weniger einer Position zu verharren und auf die Gunst der vorbeiziehenden Leute angewiesen zu sein.
Kein leichtes, aber vielleicht doch sehr glückliches Leben.

Mein Sohn ist ,wie ich finde ein begnadeter Musiker. Er spielt Gitarre wie ein Gott ebenso, wenn nicht sogar besser noch Tuba. Darüberhinaus noch eine recht passabel Stimme.
Was ich jedoch wirklich fast noch mehr an ihm bewundere ist es den Mut zu haben vor Publikum zu spielen.
Er spielt in vielen Bands auch richtig guten aber so wirklich glücklich ist er damit so im Hintergrund mit Gitarre oder Tuba nicht.
Also riet ich ihm es einmal mit Straßenmusik zu versuchen.
Normalerweise nehmen Kinder die Ratschläge ihrer alten Herrschaften ja nicht an, doch gleich am nächsten Tag zog er mit Gitarre und Verstärker los und kam mit reichlich Erfahrungen zurück.
Immer wieder zieht es ihn seither auf die Straße und ich bin stolz darauf.

Das nun war meine Motivation Jimmy Kellys Buch zu lesen.

In einem Fernsehinterview bei daheim& unterwegs hatte ich schon von seinen Erlebnissen gehört. Jetzt alles einmal ausführlich lesen zu können war wirklich sehr spannend und vor allem bereichernd.
Abgesehen von seinen sehr persönlichen Erfahrungen liefert das Buch unglaublich viel fürs Leben.

Jemandem, der nicht weiß wie es weiter gehen kann, und dazu zähle ich mich auch hin und wieder, dem kann es Motivation und Hoffnung zu gleich sein, denn Jimmy Kelly hat eine ganz besondere Botschaft.
"Glaub an dich"

Das Buch endet mit einem Satz von Franziskus von Assisi
"Erst tue das Nötige.
Dann das Mögliche.
Und plötzlich tust du das Unmögliche"

Ein Spruch, den Jimmy Kelly in seinem Büro hängen hat und der wirklich sehr viel aussagt.

Eindrucksvoll und ehrlich,mit sich und seinen Lesern, erzählt er von seinen Ängsten und Nöten. Pleite, Schulden mit zwei kleinen, sehr kleinen Kindern in einer verschimmelten Wohnung und noch dazu droht die Kündigung dieser Wohnung weil er die Miete nicht mehr bezahlen konnte.

Jetzt wird der ein oder andere denken, da holt man sich Hilfe vom Staat oder so. Nein Jimmy Kelly wollte nicht, dass die Welt erfährt wie es finanziell um ihn stand. Er hatte Angst vor den Schlagzeilen in der Presse und er wollte seine Familie nicht bloß stellen.
Daher war die Straße zunächst auch erst mal nur in Gedanken eine Option. Wer auf die Straße geht wird erkannt und zwangsläufig irgendwann zum Spielball der Presse.
Doch irgendwann ist die Not so groß, dass er es einfach wagen muss.
Die Straße war über Jahre die Heimat der ganzen Familie, dahin zurück zu kehren eigentlich die beste Idee, die man haben kann.
Eindrucksvoll schildert Jimmy Kelly diesen Weg, wie er sich etwas Gitarrenspielen beibringt, den Spruch seines Vaters im Ohr hat, dass man nur 3 Lieder braucht um Erfolg zu haben, die ersten zaghaften Versuche als Straßenmusiker und die Frustration und Selbstzweifel, die mit spielten.
Er lässt uns teilhaben an den intensiven Erlebnissen, die nicht immer positiv gewesen sind. Jimmy Kelly erzählt von Begegnungen mit Menschen, gefährlichen Situationen, zuweilen auch ein Überlebenskampf. Er schildert das tägliche Leben eines Straßenmusikers,  auf der Suche nach dem geeignetem, guten Platz um Geld zu verdienen, dem Konkurrenzkampf unter den Menschen auf der Straße von den Ordnungshütern, die ihm meist das Leben schwerer als nötig machten.
Selbstkritisch erkennt er, dass er  häufig Menschen misstraute, die es eigentlich gut mit ihm meinten. Zuweilen wunderteer sich über sich selbst, wie er über sich selbst hinauswuchs, sich unangenehmen Zeitgenossen couragiert entgegenstellte.
Häufig stößt er auf Abneigung bei den anderen Leuten von  und auf der Straße, weil sie kein Verständnis dafür haben, dass ein Millionär so sein Geld verdient. Wie auch konnten sie wissen, dass er kein Millionär ist und von Schulden geplagt. Er redete ja auch nie darüber ( zumindest bis zu einem gewissen Zeitpunkt.
Jimmy Kelly erzählt  von einer, wie ich finde,  besonders beeindruckende Situation, der eine heftige Auseinandersetzung mit unangenehmen Zeitgenossen voraus ging. Die wurden von der Polizei sogar über Nacht eingebuchtet. Am nächsten Morgen geht Jimmy wieder an die Stelle und trifft dort auf den gerade erst entlassenen Anführer. Er sucht das Gespräch und erzählt zur Verwunderung seines Gegenübers von seinem Leben, den Gründen wieso er wieder zurück auf die Straße ging. Damit hat er sich Achtung, Verständnis und Respekt erworben. Gleichzeitig zeigt er auch in dieser Situation sehr viel Empathie für seinen Gegner, der zum Freund wurde.
Empathie ist ein großes Gut, dass Jimmy Kelly durch die Welt trägt. Er interessiert sich für die Menschen auf der Straße.
Das Buch erzählt seine Geschichten aus den deutschen Städten.
Jede Stadt hat mindestens eine aktuelle Geschichte und eine im Rückblick, denn an den meisten Orten, die er besucht war er schon früher einmal mit seiner Familie. An diesen Erinnerungen lässt er uns genauso teilhaben wie an seinem aktuellem Leben mit Frau und Kindern.
Zum Ende des Buches erleben wir die Entstehung des Staßenorchesters, das dann doch auf Tournee in kleineren Hallen und Sälen spielt.
Gleichzeitig erzählt er vom langen Weg zu sich selbst, an dessen Ende  eine Reise stand zurück in seine Kindheit, zurück an das Grab seiner Mutter.
Mittlerweile hat Jimmy Kelly seine Schulden längst bezahlt. Er hat sogar ein Haus für seine Familie kaufen können, ist das dritte Mal Vater geworden und hält auch Kontakt zu einigen Geschwistern.
Trotz allen Entwicklungen wird die Straßenmusik sein leben auch weiter begleiten.
*

Ein unglaubliches Buch, das tief in die Seele des Lesers gehen kann.
Ein Buch dass einem das Leben der Straßenmusiker näher bringt.
Ein Buch, dass tiefe menschliche Geschichten erzählt.
Ein Buch mit reichlich Gedanken an Gott.
Ein Buch das man nicht nur einmal liest.
Ein Buch von und über Jimmy Kelly, einem Straßenmusiker, dessen berühmte Familie, dessen berühmter Name ihm mehr hinderlich als nützlich war, der es aber durch Authentizität und Empathie geschafft hat als eigenständige Persönlichkeit seinen Weg zu gehen und auch anerkannt zu werden.
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